Mannheimer Erklärung

In Städten und Gemeinden gewinnen – unser Land nach vorne bringen

Mannheimer Erklärung zum Spitzentreffen der SPD Baden-Württemberg Januar 2008

I. SPD-Politik mit klarer Handschrift

Ein Blick auf die Politik der letzten Jahre zeigt: Nur die SPD ist in der Lage, gleichermaßen für wirtschaftliche Dynamik, sozialen Zusammenhalt und ökologische Nachhaltigkeit zu sorgen. Entschlossene sozialdemokratische Reformpolitik hat Deutschland wirtschaftlich wieder nach vorn gebracht und die Energiewende eingeleitet. In den Jahren sozialdemokratischer Regierungsverantwortung im Bund wurden die wesentlichen Voraussetzungen für mehr und bessere Bildung und für den massiven Ausbau von Ganztagesschulen und der Kleinkindbetreuung geschaffen.

Die SPD hat die notwendige Modernisierungspolitik entwickelt – etwa die Reformen auf dem Arbeitsmarkt – und hält den Kopf für sie hin. Die CDU hingegen bekämpft diese Reformen zunächst auf das Heftigste, bleibt in der zweiten Reihe und sammelt die Skeptischen und Unzufriedenen. Erst Jahre später vollzieht die CDU in Bund und Land die Änderungen nach, die die SPD vorausgedacht hat. Die CDU ist in weiten Bereichen die Partei der Zweitverwertung politischer Inhalte!

Die SPD in Bund und Land steht für anständige Arbeitsbedingungen und faire Löhne, von denen die Menschen auch leben können. Auch gegen Widerstände aus den Reihen des Koalitionspartners auf Bundesebene werden die sozialdemokratischen Regierungsmitglieder deshalb die Einführung von Mindestlöhnen in immer mehr Branchen durchsetzen. Die SPD wird ihre klare Handschrift in der Großen Koalition weiter deutlich machen.

II. Unsere Kommunen gewinnen

Mit klarer sozialdemokratischer Handschrift geht die SPD auch in Baden-Württemberg offensiv und geschlossen in die Kommunalwahlen im nächsten Jahr. In unseren Städten und Gemeinden zeigen Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten eindrucksvoll, dass sie erfolgreich regieren und gestalten können. Hier wird die sozialdemokratische Handschrift deutlich – ob auf dem Arbeitsmarkt, bei der Kinderbetreuung oder bei der Bildung.

Gerade in der SPD-Hochburg Mannheim lassen sich diese Erfolge nachvollziehen, die häufig gegen den heftigen Widerstand der CDU durchgesetzt wurden. So sind seit der Verabschiedung des Tagesbetreuungsausbaugesetzes zahlreiche zusätzliche Krippenplätze geschaffen worden. Ganztagesschulen leisten hervorragende Arbeit, wobei die Landesregierung hierzu weiterhin nur ungenügende Beiträge leistet.

Das Job-Center „Junges Mannheim“ hat im Zuge der so genannten Hartz-Reformen außerordentlich große Erfolge bei der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit erzielt. Durch eine konsequente Vermittlungspolitik wird jedem unter 25-Jährigen, der das Job-Center betritt, ein verbindliches Angebot für Ausbildung, Arbeit oder Arbeitsgelegenheit unterbreitet. Die Jugendarbeitslosenquote liegt heute bei 3,5 Prozent, im SGB-II-Bereich sind nur noch 78 junge Menschen unversorgt.

Mit diesen sozialdemokratischen Erfolgen wollen wir das Land über die Kommunen gewinnen. Mannheim und viele andere sozialdemokratisch geprägte Städte und Gemeinden sind ein Vorbild für die Politik in Baden-Württemberg, das wir ausbauen und stärken wollen.

III. Unsere Kommunen stärken

Wir setzen uns für sichere Arbeitsplätze und Gerechtigkeit im Land ein. Mit besseren Bildungschancen für alle, mit einer starken kommunalen Daseinsvorsorge und mit einer kommunalen Arbeitsmarktpolitik, die direkt an den Problemen ansetzt, wollen wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten für die Menschen vor Ort arbeiten.

1. Bessere Bildung für alle

Bildung entscheidet über die Zukunftschancen unseres Wirtschaftsstandorts und über die Chancen jedes und jeder Einzelnen. Bildung ist nicht zuletzt dafür verantwortlich, dass wir die für unseren Wohlstand so notwendigen Fachkräfte bekommen – denn ohne Fachkräfte kein Wohlstand in Baden-Württemberg! Deshalb stellt die SPD Baden-Württemberg das Ziel besserer Bildungschancen für alle in den Mittelpunkt einer erfolgreichen Landes- und Kommunalpolitik. Wir wollen vor allem Kinder aus bildungsfernen Familien von Anfang an stärker fördern, damit sie bessere Aufstiegschancen bekommen.

Die Fortschritte der vergangenen Jahre insbesondere beim Ausbau der Ganztagesschulen wären ohne finanzielle Hilfen sozialdemokratischer Bundespolitik nicht möglich gewesen. Letztlich entscheidet aber die Landespolitik hier über die finanziellen Prioritätensetzungen. Nach wie vor verweigert die Landesregierung jedoch den Kommunen eine gerechte Lastenverteilung. Das wollen wir ändern!

Und wir wollen, dass bei der in Aussicht gestellten Bundesförderung der Kleinkindbetreuung nicht wieder ähnliche Schräglagen entstehen. Dies bedeutet, dass das Land mindestens ein Drittel der laufenden Kosten für die Kleinkindbetreuung übernehmen muss. Wir setzen uns für den Erhalt möglichst vieler wohnortnaher Schulstandorte ein. Hierfür ist eine gemeinsame Grundschulzeit von sechs Jahren und in einem ersten Schritt eine stärkere Kooperation von Hauptschulen und Realschulen vor Ort dringend notwendig. Unterstützt durch ein spezielles Landesprogramm wollen wir, dass Kinder und Jugendliche für einen Euro ein gesundes Mittagessen an Schulen und in Kindergärten bekommen. Kindergärten sind Bildungseinrichtungen.

Deshalb ist es Aufgabe des Landes, für ihre Gebührenfreiheit zu sorgen und die Kommunen darin zu unterstützen. Sozialdemokratisch geführte Bundesländer wie Rheinland-Pfalz sind Vorreiter beim Ausbau der Kinderbetreuung und beim kostenfreien Kindergarten! Aus der Förderung der Schulsozialarbeit, deren Bedeutung für die individuelle Förderung und für die Verbesserung des Schulklimas unumstritten ist, hat sich die Landesregierung inzwischen gänzlich zurückgezogen. Die Finanzierung lastet allein auf den Schultern der kommunalen Träger. Dabei handelt es sich um ein schulisches Angebot und damit um eine Aufgabe des Landes! „Keiner darf verloren gehen!“, das war das Motto des schwäbischen Pfarrers Arnold Dannenmann aus Göppingen, der Gründers der Christlichen Jugenddörfer Deutschlands. Ist das nicht eine wahrhaft sozialdemokratische Haltung?

2. Öffentliche Daseinsvorsorge sichern

Die SPD Baden-Württemberg wendet sich gegen das von CDU und FDP erklärte Dogma „Privat vor Staat“ bei der kommunalen Aufgabenerfüllung. Denn mit der fortschreitenden Privatisierung öffentlichen Eigentums geht die entscheidende Steuerungskompetenz für die Versorgungssicherheit, Verfügbarkeit, Qualität und preisliche Entwicklung von Dienstleistungen und Gütern der Daseinsvorsorge unwiederbringlich verloren.

Dabei beweisen die Kommunen als Träger öffentlicher Unternehmen – wie Stadtwerke, Wohnungsbaugesellschaften, Sparkassen oder Nahverkehrsgesellschaften – tagtäglich, wie sehr gemeinwohlorientiertes Handeln und rentables Wirtschaften in Einklang zu bringen sind! Stadtwerke zum Beispiel schaffen vor Ort zukunftssichere Arbeitsplätze, investieren ortsnah, tragen zur örtlichen Wertschöpfung bei, finanzieren die Mobilität über den Öffentlichen Personennahverkehr mit und eröffnen nicht zuletzt Möglichkeiten zur kommunalen Förderung alternativer und regenerativer Energien für einen klimafreundlichen Energiemix.

Darüber hinaus will die SPD Baden-Württemberg eine gerechte Lastenverteilung zwischen dem Land und den Kommunen. Wir stehen hinter der vollständigen Anwendung des Konnexitätsprinzips „Wer bestellt, bezahlt“, um das sich die Landesregierung noch immer herumdrückt. Die Selbstbedienungsmentalität der Landesregierung im Umgang mit den kommunalen Finanzen muss endlich ein Ende haben. So entnimmt das Land dem kommunalen Finanzausgleich bis zum Jahr 2010 jährlich 405 Millionen Euro zur Konsolidierung des eigenen Haushalts, die den Städten und Gemeinden bei der Finanzierung ihrer gemeinwohlorientierten Aufgaben fehlen. Dabei ist es der SPD gelungen, die von weiten Teilen der CDU – einschließlich der Landesregierung – geforderte Abschaffung der Gewerbesteuer abzuwenden und die auch von Seiten der Kommunen geforderte Verstetigung des Gewerbesteueraufkommens umzusetzen.

Wir werden auch weiterhin dafür einstehen, dass diese entscheidende Ressource für die Kommunen erhalten bleibt. Und: Sozialdemokratische Kommunalpolitik wird von Menschen für Menschen gemacht. Deshalb werden wir Initiativen ergreifen um die Bürgerbeteiligung in der Kommunalpolitik auszuweiten. Eine offenere und transparente Arbeit in den kommunalen Gremien soll unser Markenzeichen sein.

3. Kommunale Arbeitsmarkpolitik erweitern

Wir trauen unseren Kommunen auch bei der Arbeitsmarktpolitik etwas zu. Es war richtig, im Rahmen der Arbeitsmarktreformen der SPD-geführten Bundesregierung die Kompetenzen der Kommunen bei der Betreuung von Langzeitarbeitslosen zu stärken. Daran muss bei den anstehenden Neuregelungen nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts angeknüpft werden. Erforderlich ist eine kontinuierliche, einzelfallbezogene Betreuung der Empfänger von ALG II aus einer Hand. Eine solche einzelfallbezogene Betreuung ist auf kommunaler Ebene am besten möglich.

Die SPD Baden-Württemberg spricht sich deshalb bei der anstehenden Neuordnung für eine federführende Zuständigkeit der Kommune aus. Die Vermittlung von Arbeit findet in enger Kooperation und mit den Mitteln der Bundesagentur für Arbeit statt. Die durch das Verfassungsgerichtsurteil notwendig gewordene Reform der Verwaltungsstrukturen muss dabei eingebettet sein in ein Gesamtkonzept weiterer Arbeitsmarktreformen, die darauf ausgerichtet sein müssen, erkennbare Fehlentwicklungen beim Arbeitslosengeld II zu korrigieren.

  • Kinderarmut bekämpfen: In den Bedarfsgemeinschaften der ALG II-Empfänger leben viele Kinder. Viele Familien sind nur deshalb auf ALG II- Leistungen angewiesen, weil ihr Einkommen nicht ausreicht, um die Existenz einer mehrköpfigen Familie zu sichern. Hier muss durch ein Gesamtkonzept zur Bekämpfung von Kinderarmut gegengesteuert werden. 

  • Armutslöhne vermeiden – Mindestlöhne durchsetzen: Eine schnell wachsende Gruppe von ALG II-Empfängern sind Erwerbstätige mit unzureichenden Erwerbseinkommen. Die SPD will, dass Menschen, die in Vorzeit arbeiten, nicht auf ergänzende Sozialleistungen angewiesen sein müssen. Deshalb brauchen wir einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn.

IV. SPD Baden-Württemberg: Geschlossen nach vorn!

Nach den Diskussionen im letzten Jahr tritt die SPD Baden-Württemberg wieder geschlossen auf. Landesvorstand und Landtagsfraktion, die sozialdemokratischen Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker, die SPD-Abgeordneten in Europaparlament und Bundestag werden gemeinsam die Voraussetzungen für ein erfolgreiches Wahljahr 2009 schaffen.

Die Landesvorsitzende und der Landesvorstand machen die Partei fit für die Wahlkämpfe im kommenden Jahr. Die Landtagsfraktion formuliert Alternativen zur aktuellen Regierungspolitik und attackiert die Landesregierung mit konstruktiver Oppositionsarbeit. Landtagsfraktion, Landesverband, Kreisverbände und sozialdemokratische Kommunalpolitiker setzen gemeinsam den Bildungsaufbruch um und machen deutlich, dass die sozialdemokratische Bildungspolitik die Antwort auf die konkreten Probleme vor Ort ist.

Landesverband und Landtagsfraktion erarbeiten gemeinsam mit den baden-württembergischen Sozialverbänden eine baden-württembergische Sozialcharta und machen deutlich, dass die SPD für sozialen Zusammenhalt, Teilhabe- und Verteilungsgerechtigkeit steht. Landesvorstand, Landtagsfraktion und unsere sozialdemokratischen Abgeordneten in Europaparlament und Bundestag machen gemeinsam deutlich, dass die SPD Baden-Württemberg Seit’ an Seit’ mit den Gewerkschaften Gute Arbeit für alle will.

Baden-Württemberg ist ein starkes Land. Deshalb wollen wir, dass Baden-Württemberg Nummer 1 wird, wenn es um Gute Arbeit geht. Für uns gilt: Wer arbeitet, muss mehr haben! Das ist Leistungsgerechtigkeit! Die SPD Baden-Württemberg bündelt ihre Kräfte: In der Kommune, im Land, im Bund und in Europa. Wir sind nah bei den Menschen – in der Mitte der Gesellschaft!