Hermann Heimerich

Der erste „Sozi“ auf einem südwestdeutschen Oberbürgermeistersessel:
Hermann Heimerich, Mannheimer Stadtoberhaupt 1928-1933 und 1949-1955

Keine triste Industriestadt, sondern eine „Stadt der Arbeit und der Kunst“: das war die Marke, mit der Hermann Heimerich während seiner ersten Amtszeit als Mannheimer Oberbürgermeister in den Jahren 1928 bis 1933 für den „Standort“ werben wollte. Trotz immenser wirtschaftlicher und politischer Widrigkeiten hat der profilierte SPD-Politiker diesen Imagewandel in den fünf Jahren, die ihm bis zur NS-„Machtergreifung“ verbleiben sollten, mit großem reformerischem Potenzial betrieben und dabei einiges erreicht.

Programmatiker und Pragmatiker zugleich, zählte der am 21. Dezember 1885 in Würzburg geborene Jurist bereits bei seinem Amtsantritt im Jahr 1928 zur kommunalpolitischen Elite Deutschlands: Als Wohlfahrtsdezernent der fränkischen Industriemetropole Nürnberg hatte er von 1919 bis 1925 eine innovative Sozialpolitik betrieben, die Solidarität an die Stelle von Mildtätigkeit setzte und reichsweit für Furore sorgte, bevor er drei Jahre lang in Kiel als Wirtschaftsdezernent wirkte. Dass die Wahl des Sozialdemokraten zum Oberbürgermeister im Frühjahr 1928 in den städtischen Gremien überhaupt eine Mehrheit fand, war selbst in einer Arbeiterhochburg wie Mannheim in jener Zeit noch überaus ungewöhnlich. Bis zur NS-„Machtergreifung“ sollte Heimerich denn auch der einzige Sozialdemokrat auf einem südwestdeutschen Oberbürgermeistersessel bleiben.

Im neuen Amt gab Heimerich Impulse, die weit über die Stadtgrenzen hinaus Beachtung fanden und weit über ihre Zeit hinausreichten: sei es mit seinem Agieren im Rahmen des Deutschen Städtetags, sei es mit seinen Initiativen auf dem Feld des Verwaltungsumbaus, mit höchst modern anmutenden Formen des Stadtmarketings, sozialreformerischen Impulsen oder der Förderung von Avantgarde- und Gedenkkultur. In den Kontext des von ihm dabei beschworenen „auf das Ganze gerichteten Gestaltungswillens“ gehört nicht zuletzt, dass er schon damals vehement für eine Neugliederung des deutschen Südwestens eintrat mit dem Ziel, Mannheim durch eine Wiedervereinigung der ehemaligen kurpfälzischen Gebiete aus seiner politischen Grenzlage zu befreien. Dieses Ziel hat er auch in seiner zweiten, von 1949 bis 1955 reichenden Amtszeit als Mannheimer Oberbürgermeister hartnäckig weiterverfolgt.

Im Frühjahr 1933 von den Nazis auf üble Weise aus dem Amt gedrängt und vorübergehend in „Schutzhaft“ genommen, war Heimerich noch im selben Jahr mit seiner Familie nach Nordhessen und schließlich in die Anonymität der Reichshauptstadt Berlin ausgewichen. Zu seinen engsten Freunden und Bekannten in jenen Jahren der „inneren Emigration“ gehörte der spätere Bundespräsident Theodor Heuss.

Unmittelbar nach dem Zusammenbruch der Nazi-Diktatur kehrte Heimerich in die Rhein-Neckar-Region zurück und stellte sich sogleich wieder in den Dienst der demokratischen Sache: Noch im Mai 1945 bestimmte die US-amerikanische Militäradministration ihn zum Leiter des provisorisch gebildeten Oberregierungspräsidiums „Mittelrhein-Saar“ in Neustadt an der Weinstraße. Nach der Übergabe des linksrheinischen Territoriums an Frankreich nur zwei Monate später war er zunächst als Rechtsanwalt in Heidelberg tätig, bevor der plötzliche Tod seines Genossen Fritz Cahn- Garnier (1889-1949) ihn unverhofft wieder zurück ins Amt des Mannheimer Stadtoberhaupts brachte.

Herrmann HeimerichVor allem auf dem Gebiet des geistigen und kulturellen Wiederaufbaus hat der Sozialdemokrat Heimerich in seiner sechsjährigen zweiten Amtszeit Bedeutendes geleistet, und wie kein Zweiter in der Region hat er sich um die Bildung des Südweststaats Baden-Württemberg verdient gemacht. Seine Hoffnung freilich, auf diese Weise auch die Diskussion um eine Revision der Ländergrenzen im Gebiet um die Neckarmündung offen halten zu können, sollte sich nicht erfüllen. Gleichwohl hat er für sein politisches „Lieblingskind“ Kurpfalz noch nach dem Ausscheiden aus dem Amt und bis unmittelbar vor seinem Tod im Januar 1963 unermüdlich weitergekämpft.