Nils Schmid im Interview: Schäuble betreibt Augenwischerei

Veröffentlicht am 30.04.2015 in Landespolitik

Heute ist im Mannheimer Morgen und der Heilbronner Stimme ein Interview mit Spitzenkandidat Nils Schmid erschienen. Darin äußert sich Schmid zum Länderfinanzausgleich, zur Ausbildungsplatzgarantie und verteidigt die Einführung des Mindestlohns. Das Interview wurde geführt von Peter Reinhardt und Michael Schwarz, wir veröffentlichen es hier im Volltext.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble stellt sieben Milliarden Euro in Aussicht. Kommt damit Bewegung in die festgefahrenen Verhandlungen?

Herr Schäuble betreibt da Augenwischerei. Er bietet zum Teil Gelder, die den Ländern sowieso zustehen. Die sieben Milliarden wären nur zum Teil zusätzliche Anteile aus der Umsatzsteuer. Stattdessen rechnet er Mittel für den Nahverkehr mit ein, die uns von Verfassung wegen zustehen. Das ist eine Milchmädchenrechnung. Deshalb hilft der neue Vorschlag den Ländern nicht wirklich. Das echte Plus ist zu gering. Wir müssen den hoch verschuldeten Ländern im Westen und den Ostländern helfen. Und klar ist: Das Geberland Baden-Württemberg muss deutlich entlastet werden.

Winfried Kretschmann und Sie haben vorgeschlagen, den Soli auf die Länder zu verteilen. Was ist daraus geworden?

Der Vorschlag liegt auf dem Tisch. Aber die Union lehnt eine Fortführung aus ideologischen Gründen ab. Einen Ersatz haben CDU und CSU für die Länder jedoch nicht angeboten. Es wird schwierig, auf der Basis weiter zu verhandeln.

Am 1. Mai ist der Tag der Arbeit. Machen wir es einmal konkret. Was ist denn aus Ihrer Ausbildungsplatzgarantie geworden?

Wir sind in den letzten vier Jahren ein gutes Stück vorangekommen. Wir haben es etwa geschafft, mit Modellversuchen den Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung zu verbessern. Da erhalten Jugendliche ohne Ausbildungsplatz auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Angebote mit vielen Betriebspraktika. Diese Versuche, die auch in Mannheim und Weinheim laufen, wollen wir in den nächsten Jahren flächendeckend ins Land bringen. In der nächsten Legislaturperiode können wir so Schritt für Schritt garantieren, dass jeder Jugendliche einen Ausbildungsplatz erhält.

Kretschmann kritisiert die Dokumentationspflicht beim Mindestlohn. Wie sehen Sie das?

Der Mindestlohn ist eine Erfolgsgeschichte. Allein in Baden-Württemberg profitieren davon viele zehntausend Arbeitnehmer. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass Arbeitszeiten ordentlich dokumentiert werden. Deshalb sehe ich keinen Änderungsbedarf am Gesetz. Wir wissen, dass es in einzelnen Branchen Umsetzungsprobleme gibt. Wir haben deshalb für die Saisonarbeitskräfte in der Landwirtschaft und bei den Schaustellern Erleichterungen beschlossen.

Sie wollen kleinen Betrieben einen Zuschuss für die Dokumentation zahlen. Wäre es nicht besser, die Regeln zu vereinfachen?

Arbeitnehmer müssen sich darauf verlassen können, dass die Arbeitszeit ordentlich erfasst wird. Technische Lösungen können hier helfen. Wenn man dafür Computer einsetzt, kostet das Geld. Für kleine Unternehmen wäre deshalb ein einmaliger Zuschuss sinnvoll.

Kommen wir zu Ihrer Partei. In Umfragen dümpelt die SPD bei 18 Prozent. Wie kommen Sie da raus?

Wir müssen natürlich kräftig zulegen – und ich bin überzeugt, dass wir das schaffen. Die SPD muss bei Wahlen immer vor allem mobilisieren. Wir müssen mit guter Regierungsarbeit und den Schwerpunkten Arbeit, Familienpolitik und Bildung überzeugen. Die Chancen für die Fortsetzung der Koalition mit den Grünen stehen gut.

Würden Sie für die Fortsetzung der Zusammenarbeit mit den Grünen auch die Linke ins Boot holen?

Nein, und das habe ich auch schon im vergangenen Jahr ausgeschlossen. Wir werden nicht mit der Linkspartei regieren. Die Frage stellt sich aber auch nicht, weil diese Partei gar nicht in den Landtag kommen wird. Jede Stimme für die Linke ist eine Stimme für einen Ministerpräsidenten der CDU.

Schränkt die enge Bindung an die Grünen nicht den Spielraum der SPD zur Profilierung zu stark ein?

Der Hauptgegner ist die CDU. Da geht es um Mindestlohn, Bildung oder die rückwärtsgewandten Vorstellungen von Herrn Wolf beim Thema Homosexuelle. Da geht es um eine klare Alternative zu unserem Kurs eines wirtschaftsstarken und weltoffenen Baden-Württemberg. Bei Wolf weiß ich nicht, in welcher Welt er lebt, er steht aber sicher nicht in der Mitte unserer modernen Gesellschaft. Zu den Grünen: Wir werden andere Schwerpunkte setzen und wollen natürlich am Ende vorne liegen. Klar ist aber auch:. Wenn wir die letzten vier Jahre gut zusammen regiert haben, macht es keinen Sinn, jetzt mit Gebrüll auf die Grünen loszustürzen.