vorwärtsEXTRA: Ute Vogt: Endlagersuche folgt wissenschaftlichen Kriterien

Veröffentlicht am 12.04.2013 in Bundespolitik

Bund, Länder und Parteien haben sich darauf verständigt, so schnell wie möglich ein Endlagersuchgesetz für radioaktive Abfälle auf den Weg zu bringen. Vorwärts EXTRA sprach mit Ute Vogt, Obfrau der SPD-Bundestagsfraktion im Untersuchungsausschuss Gorleben.

Das Endlagersuchgesetz soll noch vor der Bundestagswahl von Bundestag und Bundesrat beschlossen werden. Was ist jetzt der Unterschied zu dem 35jährigen Streit um Gorleben?

Die Entscheidung für Gorleben als Standort für ein atomares Endlager wurde nach politischen und nicht nach wissenschaftlichen Kriterien getroffen. Das wird sich mit dem Endlagersuchgesetz nun ändern. Das jetzt im Konsens erarbeitete Verfahren geht den umgekehrten – und damit richtigen – Weg: Erst werden die Untersuchungskriterien erarbeitet, dann werden mehrere mögliche Standorte untersucht, um den bestmöglichen Lagerort zu finden.

Gorleben bleibt aber zunächst doch im Verfahren. War das ein guter Kompromiss?

Diese Kompromisslinie wurde zwischen dem Land Niedersachsen und dem Bund erzielt. Ohne diesen Kompromiss wäre vermutlich das ganze Verfahren gescheitert. Dass Gorleben als Standort nicht explizit ausgeschlossen werden kann, ist Teil des jetzt erzielten Konsenses. Eines darf man nicht vergessen: Die Entscheidung, nun keine Castor-Behälter mehr ins Zwischenlager in Gorleben transportieren zu wollen, war wichtig, weil dies ein deutliches Signal an die Menschen im Wendland für eine ergebnisoffene Suche nach einem Atommüllendlager ist.

Wie geht es weiter? Was sind die nächsten Schritte?

Mit dem Kompromiss, den Bund und Länder zur Suche nach einem Endlager für atomare Abfälle geschlossen haben, kann nun ein wissenschaftsbasiertes Verfahren gestartet werden. Bis 2031 soll ein Standort für ein atomares Endlager gefunden werden. Zunächst sollen bis 2015 durch eine Enquete-Kommission die Kriterien nach Stand von Wissenschaft und Technik für eine Endlagersuche formuliert werden. Dazu gehören beispielsweise geeignete Gesteinsformationen für eine Lagerung unter Tage. In Betracht kommen Granit-, Ton- oder Salzvorkommen. Erst, wenn diese feststehen, werden in den folgenden 16 Jahren mögliche Standorte untersucht. Das heißt: Die Entscheidung wird in einem ergebnisoffenen, transparenten und nachvollziehbaren Verfahren getroffen.

Und wie ist es in Gorleben gelaufen?

In Gorleben hatte sich 1977 die damalige CDU-geführte Landesregierung von Niedersachsen für den Standort entschieden, dessen Erkundung 1983 von Helmut Kohl festgelegt wurde. Diese Standortentscheidung war rein politisch motiviert und blendete wissenschaftliche Erkenntnisse, wie Zeugen im Gorleben-Untersuchungsausschuss berichteten, bewusst aus. Erst die rotgrüne Bundesregierung hatte ab dem Jahr 2000 Kriterien für eine Endlagersuche erarbeiten lassen und zuvor einen Erkundungsstopp für Gorleben verhängt.

Was bedeutet das jetzt gewählte Verfahren für Baden-Württemberg?

Selbstverständlich will niemand ein Endlager in seiner Nachbarschaft. Bisher ist jede Endlagersuche an Landesegoismen und fehlender Transparenz gescheitert. Nur, wenn wir alle Verantwortung übernehmen, finden wir mit einer ergebnisoffenen Suche den bestmöglichen Standort. Die CDU in Baden-Württemberg hält dies für einen Rückschritt – tatsächlich ist es ein Fortschritt für die Sicherheit der Bevölkerung. Auch wenn insbesondere die CDU-geführten Landesregierungen die Verantwortung für den Atommüll bei der Zwischen- und Endlagerung noch immer von sich weisen, steht eines fest: Wer nicht will, dass Atommüll künftig exportiert wird, muss jetzt tätig werden und darf die Probleme nicht der nächsten Generation aufbürden.


Anbei die komplette Mai-Ausgabe des vorwärtsEXTRA: