Regierungsprogramm der SPD Baden-Württemberg 2016 bis 2021

Integration gestalten

Das Gelingen von Integration ist von herausragender Bedeutung für die Zukunft unseres Landes. Über ein Viertel der Bürgerinnen und Bürger in Baden-Württemberg haben einen Migrationshintergrund – wir sind ein Einwanderungsland. Wir wollen die Chancen dieser Vielfalt nutzen und den Einwanderinnen und Einwanderern die Möglichkeit geben, in allen Lebensbereichen unserer Gesellschaft teilzuhaben.

Integrationspolitik aus einer Hand

Wir haben die Integrationspolitik vom Rand ins Zentrum der Landespolitik gerückt und mit der Schaffung eines eigenständigen Ministeriums fest auf der politischen Agenda etabliert. So gestalten wir Integrationspolitik aus einer Hand. Wir sind überzeugt, dass eine weitsichtige Integrationspolitik ein gutes Verständnis davon verlangt, wie Integration gelingt und in welchen Bereichen noch Nachholbedarf besteht. Deshalb haben wir das Landesnetzwerk für Integrationsforschung geschaffen und stellen unsere Integrationspolitik damit auf eine fundierte wissenschaftliche Basis. Darüber hinaus haben wir den Landesbeirat für Integration eingerichtet und verleihen den Einwanderinnen und Einwanderern eine starke Stimme im Land. Zukünftig werden wir in jeder Legislaturperiode einen Landesintegrationsbericht vorlegen. Mit dem Landesbeirat für Integration werden wir eine kooperative Partnerschaft pflegen.

Die Einrichtung eines eigenständigen Ministeriums für Integration war ein wichtiger erster Schritt. Damit Integration gelingt, müssen die einzelnen institutionellen Ebenen miteinander noch besser verzahnt arbeiten. Deshalb werden wir Ausländerrecht und Integrationspolitik in Zukunft stärker miteinander verknüpfen und die entsprechenden Strukturen im Integrationsministerium zusammenführen. Dadurch soll Baden-Württemberg in Sachen Integration und Einwanderung einen einzigen Ansprechpartner bieten. Das bedeutet, auch die interkulturelle Kompetenz auf allen Ebenen gezielt zu fördern.

Kommunale Integrationsstrukturen stärken

Integration findet zuerst in den Kreisen, Städten und Gemeinden statt. Wir stärken kommunales Engagement und fördern den Aufbau von Strukturen vor Ort. Dafür haben wir Integrationsbeiräte, -ausschüsse und -beauftragte in den Kommunen gestärkt und besonders integrationsintensive Städte wie Mannheim, Pforzheim und Freiburg gezielt gefördert. Wir werden die kommunalen Integrationsstrukturen auch künftig stärken. Dafür werden wir die Einrichtung von Integrationsbeauftragten in allen Stadt- und Landkreisen fördern und eine Regelförderung für kommunale Integrationsarbeit auflegen.       

Als Land Vorbild sein

Mit uns werden das Land Baden-Württemberg und seine Verwaltung zum Vorbild für gelungene Integration. Wir sind davon überzeugt: Eine Verwaltung, die zunehmend gesellschaftliche Vielfalt widerspiegelt, ist nicht nur bürgernäher, sondern auch leistungsfähiger. Deshalb haben wir den öffentlichen Dienst weiter für Menschen mit Migrationshintergrund geöffnet. Diesen Weg werden wir auch in Zukunft fortsetzen und den Anteil der Beschäftigten mit Migrationshintergrund in der Landesverwaltung weiter steigern. Wir kämpfen gegen den beschämenden Zusammenhang zwischen fremdländisch klingenden Namen und Bewerbungserfolg. Dabei werden wir als Land mit gutem Beispiel vorangehen und für alle Stellenausschreibungen der Ministerien und Regierungspräsidien anonymisierte Bewerbungsverfahren einführen.

Den Islam als Teil unserer religiösen Vielfalt anerkennen

Religiöse und gesellschaftliche Vielfalt findet im Grundkonsens unserer Gesellschaft ihr Zuhause. Leider erleben wir vermehrt, dass Ängste auf bestimmte Ethnien und „den Islam“ projiziert werden. Gleichzeitig gibt es einzelne, die außerhalb unserer Gesellschaft in einer „Parallelstruktur“ leben. Beide Tendenzen müssen wir verhindern. Wir machen deutlich: Menschen muslimischen Glaubens sind Teil unserer Gesellschaft. Die SPD setzt sich für Verständigung und Dialog ein. Deshalb haben wir den „Runden Tisch Islam“ eingerichtet. Dort arbeiten Vertreterinnen und Vertreter sowohl der Muslime als auch aus den Ministerien im Dialog an einer besseren Verständigung zwischen den Kulturen. Auch den Modellversuch zum islamischen Religionsunterricht an unseren Schulen haben wir ausgeweitet. Darüber hinaus sorgen wir mit unserem Modellprojekt für muslimische Krankenhausseelsorge für eine bessere seelsorgerische Betreuung muslimischer Menschen in unseren Krankenhäusern. In der kommenden Legislaturperiode werden wir die Einbindung der Muslime weiter stärken und den „Runden Tisch Islam“ zu einem islamischen Beirat des Landes weiterentwickeln. Ferner werden wir ein flächendeckendes Angebot an muslimischen Seelsorgerinnen und Seelsorgern in Krankenhäusern sowie Justizanstalten bis 2020 einrichten.

Motor der Integrationspolitik auf Bundesebene

Auch auf Bundesebene ist Baden-Württemberg zum Motor für gelungene Integrationspolitik geworden. Mit unserem Gesetzesentwurf zur Abschaffung der Optionspflicht für in Deutschland geborene Kinder haben wir wesentlich zu einem zeitgemäßen Staatsangehörigkeitsrecht beigetragen. Aber wir sind noch nicht am Ziel. Deshalb werden wir in den kommenden Jahren alle unsere Gestaltungs- und Mitbestimmungsmöglichkeiten nutzen, die Vorrangprüfung für Drittstaatsangehörige beim Zugang zum Arbeitsmarkt abzuschaffen und ein zeitgemäßes Einwanderungsgesetz einzuführen. Darüber hinaus werden wir uns auf Bundesebene dafür einsetzen, dass das kommunale Wahlrecht für Drittstaatsangehörige eingeführt wird.